104 Jahre Friseur Herold in Katzenelnbogen -  Ein Familienbetrieb schreibt Geschichte

104 Jahre Friseur Herold in Katzenelnbogen – Ein Familienbetrieb schreibt Geschichte

Ein mutiger Anfang nach dem Ersten Weltkrieg

Die Geschichte beginnt mit Eduard Herold, geboren 1893 in Holzhausen an der Heide. Als Kriegsheimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg entschloss er sich 1921 dazu, in Katzenelnbogen einen Friseursalon zu eröffnen. In einem kleinen Häuschen – in direkter Nachbarschaft des heutigen „Eine-Welt-Ladens “– schnitt er fortan Haare, rasierte Bärte und baute sich ein neues Leben auf. Noch im selben Jahrzehnt heiratete er seine Frau Rosa. Die beiden bekamen zwei Kinder: Paul (1925) und Gerda (1927).

Am 9. Juli 1928 legte Eduard seine Meisterprüfung im Friseurhandwerk ab. Doch schon ein Jahr später wurde die junge Familie von der Weltwirtschaftskrise getroffen: Das bis dahin mühsam ersparte Geld verlor plötzlich seinen Wert – eine Erfahrung, die sich später noch einmal wiederholen sollte.

1934 konnte die Familie eine Haushälfte in der Untertalstraße 13/15 erwerben. Gemeinsam mit der Nachbarsfamilie Zimmet wurde der Gebäudekomplex zum Bach hin erweitert – so entstand das bis heute bekannte Haus, das später zur Heimat des Salons werden sollte.

Kriegszeiten und Wiederaufbau

Sohn Paul, sportlich aktiv und in der örtlichen Jugendarbeit und der HJ engagiert – insbesondere in einer Fluggruppe, die mit selbstgebauten Segelflugzeugen vom Mensfelder Kopf startete –, trat in die Fußstapfen seines Vaters. Er lernte ebenfalls den Friseurberuf. Während des Zweiten Weltkriegs absolvierte er eine Pilotenausbildung, wurde jedoch nicht an der Front eingesetzt: Als einziger Friseur am Standort wurde er für die Truppe unentbehrlich.

So überlebte Paul unter anderem die verheerenden Bombenangriffe auf Dresden im Februar 1945 – ein Trauma, das ihn prägte. Nach Kriegsende kehrte er nach Hause zurück, schnitt wieder Haare, verdiente Geld – und musste miterleben, wie zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahrzehnte das gesparte Familienvermögen durch eine Währungsumstellung (1948) entwertet wurde.

Ende der 1940er Jahre starb Pauls Mutter Rosa. In dieser Zeit lernte er seine zukünftige Frau Lydia kennen – eine junge Frau, die mit ihrer Mutter und Schwester als Flüchtling im Hotel Bremser in Katzenelnbogen Unterkunft und Arbeit gefunden hatte. 1949 heirateten die beiden, und zwischen 1950 und 1961 wurden ihnen fünf Söhne geboren: Friedhelm, Reinhard, Helmut, Manfred und Norbert.

Paul legte 1956 in Düsseldorf seine Meisterprüfung ab und entwickelte den väterlichen Herrensalon weiter zu einem modernen „Friseursalon für Damen und Herren – Eduard Herold und Sohn“. Später firmierte das Geschäft unter dem Namen „Friseursalon Paul Herold“. Die Verbindung von Tradition und Zeitgeist war schon damals ein Markenzeichen des Hauses.

Ein Generationenwechsel mit Weitblick

1975 begann Manfred Herold, der vierte Sohn von Paul und Lydia, seine Ausbildung im elterlichen Betrieb. 1978 folgte die Gesellenprüfung, 1984 die Meisterprüfung in Düsseldorf und 1987 – mit unternehmerischem Weitblick – die Qualifikation zum Betriebswirt des Handwerks in Koblenz.

Mit Fleiß, Leidenschaft und dem Blick für Qualität unterstützte Manfred seine Eltern tatkräftig. 1988 heiratete er seine Frau Annerose – das Paar bekam vier Kinder: Kendra, Kim, Dorian und Delos. 1991 übernahm Manfred den Salon offiziell. Im selben Jahr bot sich eine besondere Gelegenheit: Die benachbarte Haushälfte – ehemals im Besitz der Familie Zimmet – konnte von Annemarie Dahm (geb. Zimmet) erworben werden.

Damit war der Weg frei für eine umfassende räumliche und strukturelle Erneuerung. Der Salon wurde mehr als verdoppelt und an die Anforderungen der 1990er Jahre angepasst – unter dem neuen Namen „Mein Friseur Manfred Herold“. Kundschaft und Mitarbeiterzahlen wuchsen, der Betrieb florierte – auch, weil das Angebot stets den Menschen im Mittelpunkt stellte.

Handwerk mit Herz – über Generationen hinweg

Der Salon entwickelte sich zu einer festen Institution in Katzenelnbogen – ein Ort, an dem mehrere Generationen dieselbe Familie frisieren ließ. Kinder, Eltern, Großeltern – alle fanden im Team um Manfred Herold kompetente Beratung und familiäre Atmosphäre. Der Salon blieb dabei stets bodenständig und menschlich – auch das ist Teil seines Erfolgs.

Heute umfasst das Team neun engagierte Mitarbeitende. Das handwerkliche Spektrum ist breit gefächert - die Kunden kommen aus der ganzen Region – von klassisch bis modern, vom Haarschnitt bis zur professionellen Farbtechnik.

Nach über einem Jahrhundert in Familienhand endete am 30. Juni 2025 eine Ära. Der Friseursalon Herold, gegründet 1921, wird nach 104 Jahren weitergeführt – nicht mehr von einem Familienmitglied, sondern von einer vertrauten und geschätzten Mitarbeiterin. Damit bleibt der Geist des Traditionsbetriebs lebendig. Jaqueline Gertner begann im Jahr 2009 ihre Ausbildung zur Friseurin. Vorher schon hatte sie ein Schulpraktikum hier absolviert.

Die junge Friseurmeisterin hatte eingeladen, mit ihr dieses Ereignis zu feiern. So viele Menschen waren ihrer Einladung gefolgt. Bemerkenswert ist, dass in der Untertalstraße nun erneut ein Geschäft unter „junger Führung“ zu finden ist. Der Friseursalon, „die feinkleins“, bereits seit 2019 führen Ivonne Gronau und Eva-Maria Golke den beliebten feinkleins Bücherladen in Katzenelnbogen, und das Spielwarengeschäft LeLuNa von Nathalie Timm.

Jaqueline Gertner brachte zum Ausdruck, wie sehr sie sich über diese großartige Chance freut und wie sehr ihr das Geschäft, das ein Teil der Stadtgeschichte bilde, am Herzen liegt. Ganz besonders verbunden fühle sie sich mit Manfred Herold, ihrem bisherigen Chef, der für sie aber auch Freund und Mentor gewesen sei, und seiner Frau Annerose. Ebenso die Tatsache, dass sie mit einem vertrauten Team weiterarbeiten kann, mit ihr arbeiten neun Personen in dem Salon, Manfred Herold nun als Angestellter. Sie hoffte, dass er und auch die Kollegen diesen neuen Weg mit ihr gemeinsam gehen werden, dankte – sichtlich gerührt - auch ihrer Familie und ihren Freunden für jegliche Unterstützung. Sie hatte einen Blumenstrauß und kleine Geschenke für ihre Mitarbeiter vorbereitet. Steffi Minor ist seit 31 Jahren Friseurin im Salon Herold und damit die am längsten tätige Mitarbeiterin. 

Manfred Herold sagte in seiner Rede, dass es ein Gefühl, welches man nicht in Worte fassen könne, sei, hier und heute diese Geschäftsübergabe vorzunehmen. Seine Worte zeugten von großer Dankbarkeit. Dank an seine Frau Annerose, an seine Kinder, dafür, dass er Teil der Geschichte dieses Traditionsgeschäftes sein darf. Er dankte auch seinen Nachbarn, die nicht nur gut, sondern besonders seien, und dem Himmlischen. Ihn habe immer die Leidenschaft für das Handwerk angetrieben, er habe nicht nur geliefert, sondern mitgestaltet und den Salon für seine Kunden als einen Ort der Begegnung verstanden. „Nicht wenige kommen seit Jahrzehnten – das ist ein Geschenk.“ Jaqueline habe den Mut, weiterzumachen. Im Jahr 2014 absolvierte sie ihre Meisterprüfung. Die Zusammenarbeit mit ihr sei stets angenehm und von gegenseitigem Respekt geprägt gewesen. „Du hast Wurzeln geschlagen, nun dürfen dir Flügel wachsen“, sagte er. Keine Verhaltenstipps, sondern seine Ideen sagte er ihr zum Abschluss einer sehr bemerkenswerten Rede, wie zum Beispiel,  dass sie sich nie scheuen solle, andere um Rat zu fragen, das sei ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche, selbstbewusst zu sein, sich als einzigartig und wertvoll zu sehen, auch einmal Nein zu sagen, Grenzen zu setzen, nichts zu tun, was sich falsch anfühlt. Und: „Du wirst nie ganz fertig, aber immer besser werden.“

Solchen Worten fügte Bürgermeister Lars Denninghoff hinzu, dass es ein gutes Gefühl sein müsse, einen solchen Traditionsbetrieb zu übernehmen und gratulierte persönlich und im Namen der Mitglieder der Gremien der Verbandsgemeinde Aar-Einrich. Er freute sich darüber, dass hier kein Leerstand entsteht. Hayda Rübsamen in Vertretung von Stadtbürgermeisterin Petra Popp schloss sich seinen Worten an. Sie sprach Jaqueline ein Kompliment aus, dass sie den Mut habe, in diese großen Fußstapfen zu treten. Sie ermutigte die junge Frau, sich aber auch genügend Ruhe und Auszeit zu gönnen.

Uschi Weidner

Zu dem Foto:

v.l.: Lars Denninghoff, Jaqueline Gertner, Manfred Herold und Hayda Rübsamen

Nach 50 Jahren im Beruf – davon 34 Jahre in der Selbstständigkeit – geht Manfred Herold in den Ruhestand. Doch der Salon bleibt bestehen: Die Friseurmeisterin Jaqueline Gertner aus Klingelbach übernimmt das Geschäft und führt es unter dem Namen „Mein Friseur Jaqueline Gertner GmbH“ weiter. Das Team freut sich auf viele bekannte und neue Gesichter – in vertrauter Umgebung mit neuen Ideen

Foto: Uschi Weidner